Hochseeregatta Helgoland – Edinburgh 2009


Ein Bericht des Vereinskameraden Ernst Garbe über die Langstreckenregatta mit der SY Jan Mayen II

Nun liegt das Ereignis schon einige Wochen zurück. Beim Anschauen der Bilder kommen die Erinnerungen wieder, an Erlebnisse, Ereignisse und mannigfache Begegnungen mit Veteranen der Regattaszene und begeisterten Jungseglern. Wieder hat es sich bestätigt, immer ist alles anders als die Jahre vorher, und meistens ist es leider anders als man es sich wünscht, aber immer bleibt es hochinteressant und spannend.

Als Hochseeregatta für ambitionierte Hochseesegler, von einer kleinen Gruppe Seeleuten um TO Gründungsmitglied Dr. med. Meinhard Kohfahl 1968 ins Leben gerufen, ist sie inzwischen auch interessant für schnelle Regattaschiffe. Erstmalig war sie in diesem Jahr als eine Qualifikationsregatta für das Rolex-Fastnet-Race anerkannt. Dennoch ist, und ich persönlich finde das gut, der Anteil der Fahrtenschiffe immer noch bemerkenswert hoch.

Die Regatta “Helgoland – Edinburgh”, die alle zwei Jahre im Wechsel mit der Regatta “Rund Skagen” im Rahmen der Nordseewoche gestartet wird, ist die einzige deutsche Langstreckenregatta, die den Namen Hochseeregatta verdient und über eine Distanz von etwa 430 Seemeilen diagonal über die Nordsee unter Hochseebedingungen und über die mehr oder weniger berüchtigte Doggerbank geführt wird.

Gestartet wird die Regatta üblicherweise am Pfingstmontag vor Helgoland.

word-imageNachdem ich in den letzten Jahren immer mit Freunden an der Regatta teilgenommen hatte, wollte ich es diesmal mit meinen drei erwachsenen Söhnen probieren. Um es gleich vorweg zu schreiben, es war für uns alle eine hochinteressante Erfahrung, auch wenn wir uns mehr Abwechslung im Wettergeschehen gewünscht hätten. Drei Tage lang Starkwind auf die Mütze, wie man so sagt, NNW 5 bis 7, also viel schräges und nasses Segeln. Über die oft gestellte Frage, warum machen wir das eigentlich immer wieder, wurde bereits einige Stunden nach dem Start nachgedacht, viel früher als sonst eigentlich.

 

word-imageDer Start begann ganz viel versprechend unter Spi. Nicht gerade im vorderen Feld waren wir aber schon sehr zufrieden mit uns, dass wir die Arbeitsblase schon oben hatten als wir die Startlinie zwischen den vor Anker liegenden Seebäderschiffen und dem Bootshaus des Helgoländer Wassersportvereins kreuzten. Auf dem kurzen Weg bis zur Wendemarke Heultonne Helgoland-Ost konnten wir einige Mitbewerber einholen. Doch die Freude dauerte nicht lange, nach Passieren der genannten Tonne musste der Spi rasch geborgen werden und strammes Hoch-am-Wind-Segeln war an-

 

gesagt, mindestens bis Donnerstag. Das wussten wir bereits von der Wettervorhersage, und leider konnten wir die Höhe, die wir bis Bass Rock brauchten nur knapp anliegen. Viele Boote aus unserer Gruppe waren vor uns oder segelten mit uns auf gleicher Höhe, aber einige waren noch achteraus, was sehr beruhigend war. Bei diesen Wetterbedingungen kamen die Vorzüge des Langkielers zum Tragen. Das Schiff segelt allein die optimale Höhe ohne das Ruder anzufassen. Nur selten musste der Kurs korrigiert werden. Sohn Jan und ich wechselten uns zu den Wachen alle vier Stunden ab. Zum Schlafen nutzen wir im Vorschiff die Leekoje, die darum nie kalt wurde. Unser Schiff, eine Hanseat 70 b, hat ein gefälliges rundes Vorschiff, und setzt selbst bei den harten Seegangsbedingungen, wie wir sie hatten, weich ein, so dass das Schlafen einigermaßen erträglich war. Seekrankheit hatte die beiden anderen Söhne bald fest im Griff. Tapfer haben sie die drei Tage ertragen, wenn auch nur liegend und ohne nennenswerte Nahrungsaufnahme.

Mittwochabend kam die schottische Küste in Sicht, und in der Nacht ließ der Wind langsam nach. Durch den täglichen Rundruf auf UKW, zu dem die Jan Mayen II zweimal am Tag aufrief, war uns natürlich die Position unserer Mitbewerber bekannt, und dennoch waren wir, wie immer jedes mal, erstaunt, wie viele Segel am Donnerstag plötzlich um uns herum auftauchten und mit uns in den Firth of Forth einliefen, nachdem wir tagelang keinen Sichtkontakt hatten.word-image Leider schwächelte der Wind immer mehr und änderte ständig seine Richtung bis er schließlich ganz weg blieb. Die Genua 3 wurde gegen die Genua 1 getauscht. Ständig wurden nervige Manöver gefahren, nur vorwärts kamen wir nicht. Stundenlanges Daddeln, warum musste uns das wieder passieren? Den anderen ging es ähnlich, bis einige die Schnauze voll hatten und aufgaben.

Erst am späten Nachmittag setzte sich eine leichte Brise von achtern durch, und wir setzten den Spi. Nun begann für uns das unbeschreiblich schöne Segeln, von dem wir drei Tage lang nur geträumt hatten. Die tiefer gehende Sonne vor uns, das interessante Panorama des Firth of Forth und den strengen Geruch von Vogelsch… um uns, so passierten wir den berühmten Vogelfelsen Bass Rock, der mit einer dicken Schicht Guano von tausenden hier brütenden Basstölpeln bedeckt ist und die um uns herum ihre vielfältigen Flug- und Tauchkünste vorführten. word-imageAn Backbord das bekannte Schloss Tantalon Castle des berühmten Douglas-Clans. Bis nach Mitternacht segelten wir vor dem Wind und überquerten die Ziellinie vor Granron Harbour unter Spi nach drei Tagen, neun Stunden und 40 Minuten. Wir waren mit uns sehr zufrieden, auch wenn die Tramontane mit Jens Kohfahl als Skipper diesmal einige Minuten vor uns durchs Ziel gegangen war. Das war ja bisher noch nie vorgekommen.

Kurze Zeit nach dem Zieldurchgang lagen wir im Päckchen längsseits der SY Abacus im Royal Forth Yacht Club Edinburgh (RFYC) in Granton Harbour.

Der Freitag wurde genutzt, um die interessante Stadt Edinburgh und ihre berühmte Burg zu besuchen. Unerwartet und zufällig trafen wir unseren Freund Lars, der mit dem Flieger gekommen war um die Rückfahrt mitzumachen. Natürlich endete dieser Tag im Scotman’s Age, wo sich im Laufe des Abends auch noch andere Regattateilnehmer zu Lager und Bitter und flotter Livemusic einfanden.

Das bewährte Organisationsteam vom RFYC um der rührigen und stets hilfsbereiten Cathy Sedgeworth herum charterte zwei Busse mit denen sich etwa 100 Regattateilnehmer auf den Weg machten, um mit fachkundiger Leitung durch die geschichtsträchtige Landschaft südlich von Edinburgh, die die Schotten Sir-Walter-Scott Country nennen, führen zu lassen.

Auf dem Hof des ehrwürdigen Gebäudes des RFYC gab es vor der versammelten Seglerschaft die Siegerehrung, die mit launigen Worten und mit einer Dankesrede an den gastgebenden Verein von Regattaleiter Dr. med. Jens Kohfahl gekonnt und kompetent zweisprachig durchgeführt wurde. Die darauf folgende Scottish Night wurde mit traditioneller Dudelsackmusik eingeleitet und später mit klassischer Musik begleitet. Mit einer stimmungbringenden Dixilandband lief die Party zur Hochform auf.word-imageword-image

Am Sonntag lichtete sich das Feld der teilnehmenden Schiffe. Die schnellste Yacht, die Hexe (SVC) des SK Norbert Plambeck, die die Distanz Helgoland – Edinburgh in etwa anderthalb Tagen bewältigte, war schon am Donnerstag zurückgestartet. Einige Schiffe segelten weiter Richtung Norden (Orkneys, Shetlands, Hebriden oder Norwegen), andere segelten zurück.

Meine Söhne verließen Schottland per Flugzeug heim zu Weib, Kindern und Job.

Neben Lars, bewährter Mitsegler bei zwei Atlantiküberquerungen, kam noch Freund Carsten an Bord, und am Montag startete die Jan Mayen II zusammen mit Tramontane die Rückreise. Mit Tramontane hielten wir bis Helgoland auf UKW Funkkontakt.

Vom seglerischen her war die Rückreise wesentlich interessanter und weniger stressig. Bei wechselnden Winden aus unterschiedlichen Richtungen mussten die verschiedensten Segelmanöver gefahren werden. Dennoch wurde es für uns eine schnelle Reise, drei Tage und drei Stunden etwa.

Der Freitag diente der Erholung auf Helgoland und am Sonnabend ging es dann mit Rauschefahrt bei NW 4 – 5 nach Cuxhaven.

Eine erlebnisreiche Regatta und die damit verbundene Rückreise hatte ein glückliches Ende gefunden.

Ernst Garbe

SY Jan Mayen II, unter dem Stander von TO und der SVC

Royal Forth Yard Club 2009

Royal Forth Yard Club 2009